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Bad Wörishofen – just for Goldies?

By 2. März 2016 Deutschland, Popular Posts, Unterwegs
Bad Wörishofen Lieblingsflecken

Mit Bad Wörishofen ist es ja so eine Sache. Kaum eine meiner Freundinnen, die die Kurstadt im Unterallgäu nicht mit “vergreisten” Gästen in Verbindung gebracht hätte. Meine Mutter berichtete mir im Gegensatz dazu mit glänzenden Augen, dass schon mein Opa dort zur Kur gewesen sei und sie ihm dort einen Wochenendbesuch abgestattet hätte. Das muss um 1964 gewesen sein. Mein Opa wollte sie mit dem Sohn seines guten Freundes und Reisebegleiters verkuppeln. Meine Mutter und der Sohn, dessen Namen ich nicht kenne, gingen aus zum Tanzen, das gab es schon damals in Bad Wörishofen. Paartanz, versteht sich. Gefunkt hat es nicht zwischen den beiden, sagt Mama. Dafür sei der junge Mann jedoch sehr zuvorkommend gewesen, sie hätte immer einen Drink in der Hand gehabt.

Zum Tanzabend nach Bad Wörishofen. 1964.

So ein bisschen beschreibt diese wahre Geschichte auch noch heute das Flair von Bad Wörishofen. Bis heute hat es sich den Charme der guten alten Zeiten bewahrt, jedoch auf durchaus positive Art und Weise. Während die einen vermutlich schreiend davon laufen würden angesichts der allerorts präsenten Patina, gibt sie mir ein wohliges Gefühl von Heimeligkeit. Es liegt wahrscheinlich an meinen katholischen Wurzeln. Als Enkeltochter einer Sauerländerin  bin ich groß geworden mit den Gepflogenheiten der katholischen Kirchen. Stunde um Stunde verbrachten mein Bruder und ich in Kirchen, während meine Oma hingebungsvoll den Rosenkranz hinauf und hinunter betete. Sie scheute auch nicht davor zurück, uns morgens um halb sieben aus dem Bett zu werfen, um mit uns in die Frühmesse zu gehen. Ja, ich kenne was von Messen und Vespern und Gebeten. Damals fand ich das, natürlich, furchtbar langweilig. Heute denke ich oft, dass das eben ihre Verbindung zu etwas Höherem war. Und das wiederum verstehe ich gut.

Wenn ich an Orte komme, an denen die Kirche sehr präsent ist, dann erinnere ich mich an meine Kindheit, in der mein Bruder und ich oft bei meiner Oma zu Hause oder mit ihr zusammen im Urlaub waren. Es waren die unbeschwerten Jahre, in denen die Sommer ewig lang dauerten und in denen, in meiner Erinnerung, immer die Sonne schien.

Bestimmte Orte wecken so etwas ein Zugehörigkeitsgefühl in mir, es fühlt sich an, als wäre ich dann ein Stückchen mehr verbunden mit dem alten Leben, zu dem meine Oma dazu gehörte. Bad Wörishofen ist so ein Ort für mich geworden. Sicherlich rührt dieses Gefühl auch von der christlich geprägten Unterkunft, in die wir uns eingemietet hatten.

Näher an Gott geht es kaum

Das Kneippianum war ehemals ein Kloster, im Jahr 1896 wurde es von Sebastian Kneipp gegründet. Noch heute wohnen zugegebenermaßen schon etwas in die Jahre gekommene Schwestern in einem Nebentrakt des Hotels und nutzen die Einrichtungen wie Hauskapelle oder den Raum der Stille für die Kontemplation und das Gebet. Einige von ihnen haben feste Aufgaben in dem Hotelbetrieb übernommen, so wie Schwester Waldefried  oder Schwester Ermeline, die eine im Management und die andere in der Gesundheit tätig.

In Bad Wörishofen plätschert das Leben so dahin, es gibt einen Rhythmus, der den Kurstädten vorbehalten ist. Die Dinge laufen nach einem immer gleichen Muster ab: Kurgäste stehen früh auf, Frühstücken, bekommen ihre Anwendungen, spazieren dann im Kurpark umher, bevor sie sich zum Mittagessen niederlassen, ruhen dann vielleicht vor der nächsten Anwendung und gehen danach wieder spazieren. Der Kurpark von Wörishofen, wie die Einheimischen ihre Stadt nennen, muss im Frühjahr und Sommer eine einzige blumige, grüne Oase sein. Jetzt im Februar zeigten sich einzig einige erste Krokusse und Schneeglöckchen, die zart ihre grünen Hälse nach oben Richtung Sonne reckten. Es gibt sogar eine Voliere mit allerlei exotischem Federtier von Sittichen bis zu Kanarienvögeln, aus der er ordentlich zwitschert. Der Tennisclub befindet sich ebenfalls mitten im Park, die Center Courts umrahmt von einer kleinen Zuschauertribüne, im Hintergrund ein altes Caféhaus, von dessen Terrasse man ebenfalls die die Filzkugeln jagenden Spieler beobachten kann. Im Moment kann ich mir das bunte Treiben des Sommers nur vorstellen. Anfang des Jahres hängen graue Wolken über dem Kurpark und die Sonne lässt sich nicht blicken.

Am Nachmittag kehrt man ein in eines der Cafés, die meisten Gäste finden mit der Zeit ihr “Stamm-Café” und gehen immer wieder dorthin, und am Abend, gern schon gegen 18 Uhr, wird das Abendessen eingenommen. Danach noch ein Drink an der Bar und dann ab ins Bett.

Klingt langweilig? Aber bitte, man ist doch hier zur Kur!

Alternativ geht es auch anders: morgens aufstehen und erst einmal schwimmen gehen im Pool, anschließend ein spätes Frühstück einnehmen, danach hinaus an die frische Luft zum Nordic-Walking oder Mountain Biking, einkehren zum Mittagessen unterwegs, später noch einmal in die Sauna und dann ein gemütliches Abendessen mit einem Gläschen Wein. Klingt auch langweilig? Finde ich nicht, viel frische Luft und Bewegung gepaart mit gutem Essen und einem geregelten Tagesablauf tut mir persönlich sogar so richtig gut.

Mein Fazit: Bad Wörishofen ist nicht nur für Goldies – aber auch. Wer mit Ruhe und Beschaulichkeit nichts anfangen kann, ist hier falsch. Wer dagegen ausspannen möchte und dabei auf sehr angenehme Weise auch noch ordentlich was für die eigene Gesundheit tun will, ist hier genau richtig. Daran hat sich seit 1964 nichts gerändert.

Links:

Bad Wörishofen

Wellness & Kneipp Hotel Kneippianum

Steigenberger Hotel Der Sonnenhof 

Meine Lieblingscafés in Bad Wörishofen

Bildergalerie:

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Bad Wörishofen von oben

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Kurpark Bad Wörishofen

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Noch ist alles grün und braun – im Frühling spriesst es hier an allen Ecken.

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Flanieren im Park

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Das Kneippianum von außen

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Kurhaus Bad Wörishofen

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Fußgängerzone und Flaniermeile in der Stadt

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Schokolade!

 

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Kurpark von oben. Blick aus dem Kneippianum auf die Salinenanlage

PS: Das Beitragsbild ist eine Woche nach meinem Besuch aufgenommen. Ich habe keine einzige Schneeflocke dort erlebt. Danke an Rita Rosaria Oliva.

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