Klar, mit Ayurveda kann man auch abnehmen. Doch die 5.000 Jahre alte Wissenschaft aus Indien ist so viel mehr als nur ein neuer Diät-Trend.
Die Mutter der Medizin
Das Wissen über die ayurvedische Medizin soll der Legende nach von himmlischen Heilern an meditierende Asketen aus dem Himalaya weitergegeben worden sein. Das Alter der ersten schriftliche Aufzeichnungen wird auf 5.000 – 3.000 Jahre v. Chr. geschätzt. Ayurveda ist wohl die älteste Gesundheitslehre der Welt.
Ayur-veda: Die Weisheit vom langen und gesunden Leben
Ayus = Leben
Veda = Weisheit
“Die Mutter der Medizin” hat das Ziel, Gleichgewicht in Körper und Geist sicher zu stellen. Die Weisen von damals haben scharf beobachtet und herausgefunden, dass der Mensch nur dann gesund bleibt, wenn er sich in Balance befindet. Wir nennen das heute, in der inneren Mitte sein. Die passende Diät im Sinne von Ernährungsweise ist dabei nur ein Teil.
Diät vom Leben
Die meisten Menschen leben heute leider ein Leben auf der Überholspur und scheren sich erst um ihre Gesundheit, wenn sie erste Anzeichen von Krankheit bemerken.
Die Doshas und ihre Elemente
Die Elemente und die Doshas
Im Ayurveda gibt es drei Doshas oder Konstitutionstypen.
Die drei Doshas sind den Naturelementen Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde zugeordnet.
Vata – Raum & Luft
Menschen mit Vata-Dosha sind entsprechend “bewegt” und luftig in Geist und Körper. Sie sind häufig sehr kreativ und haben tausend Ideen, mit der Umsetzung hapert es allerdings oft. Ihr Körperbau ist oft zierlich und dünn, ihr Appetit unregelmäßig, ebenso die Verdauung. Vatas können das Essen komplett vergessen und erinnern sich erst daran, wenn sie sich schlapp fühlen vor Hunger.
Vata-Typen sind schnell von Dingen begeistert und gehen mit voller Kraft ans Werk, verlieren jedoch unterwegs die nötige Energie. Sie sollten ganz besonders auf einen geregelten Tagesablauf und regelmäßige Mahlzeiten achten. (Was ihnen schwer fällt, ich weiß, wovon ich rede. 😉 )
Vata-Störungen äußern sich durch innere Unruhe, Nervosität, Sorgen, Angespanntheit und Rastlosigkeit. Im Körper zeigt sich eine Vata-Störung zum Beispiel durch knackende Gelenke, sehr trockene oder schuppige Haut, Gewichtsverlust oder Kältegefühl.
Pitta – Feuer & ein bisschen Wasser
Pitta-Typen haben eine Menge Feuer in sich, sind willensstark und gehen strukturiert zu Werk. Ihr Verdauungsfeuer, auf Sanskrit “Agni“, lodert förmlich ununterbrochen. Sie sind die klassischen Allesverwerter und werden ungemütlich, wenn sie Hunger haben. Eine Diät in puncto Essen müssen diese meistens sehr sportlich aktiven Zeitgenossen so gut wie nie halten. Ihnen würde Entschleunigung gut tun.
Ihr Körperbau ist häufig athletisch und ihre Willenskraft ausgeprägt. Pittas haben selten das Bedürfnis, Pausen einzulegen weil ihr Energielevel hoch ist.
Pitta-Störungen äußern sich in aggressivem, aufbrausendem, ungeduldigem Verhalten und Hitze im Körper. Pitta-Störungen können zu Hautausschlag, Schuppenflechte und Entzündungen führen. Sie sind anfällig für Burn-Out, da sie sich über ihre Grenzen hinaus fordern.
Kapha – Erde und Wasser
Ein Kapha Mensch genießt gern, liebt das Essen und wäre als Tier vermutlich Balu der Bär aus dem Dschungelbuch.
Kapha-Menschen wirken meistens anziehend auf andere, denn sie strahlen Ruhe und Geborgenheit aus und besitzen eine sinnliche Ausstrahlung. Ihr Haar ist meistens voll und/oder gewellt und ihr Körperbau kann, muss aber nicht kompakt sein.
Kapha-Typen verfügen über ein eher schwaches Verdauungsfeuer. Weil sie trotzdem gern essen, kann Übergewicht die Folge sein. Das stört einen Kapha jedoch nicht: er geniesst lieber als Diät zu halten und nimmt ein paar Pfunde zuviel in Kauf.
Kapha-Menschen besitzen die nötige Ruhe und Ausdauer, um auch Routineaufgaben mit Freude zu erledigen.
Kapha-Störungen zeigen sich in Antriebslosigkeit bis hin zur Lethargie, Überessen und zuviel Schlaf. Körperlich kommt es bei Kapha-Störungen zu Schleimbildung, die sich z.B. in einer Erkältung oder Nebenhöhlenentzündung äußern kann. Schleimbildende Nahrung wie Milchprodukte oder auch Bananen sollten beispielsweise reduziert werden.
Vaza-Dosha: Wind und Raum
Prakriti – die Urkonstitution
Laut dem Ayurveda kommt jeder Mensch mit einer Ur-Konstitution auf die Welt. Auf Sanskrit heißt sie Prakriti und bleibt ein Leben lang.
Wenn die Doshas ins Ungleichgewicht geraten
Weil alles in der Natur sich ständig verändert, verändern sich auch die Gewichtungen der Doshas je nach Lebensphase und Lebensstil. Das ist ok.
Schwierig wird es, wenn es zu Störungen kommt und der Mensch das innere Gleichgewicht dauerhaft verliert. Die Störung heisst auf Sanskrit “Vikuti“. Übersetzt bedeutet es, das, was man ausgleichen möchte. Vikuti verursacht nach der Wissenschaft des Ayurveda alle Krankheiten.
Vikuti – die Störung
In unserer heutigen Zeit geraten bei den meisten Menschen das Vata- und Pitta-Dosha ins Ungleichgewicht. Beide sind in der Regel mehr oder weniger stark erhöht. Unser von dem Streben nach immer “höher, schneller, weiter” geprägten Zeitgeist trägt daran seinen Anteil.
Die Folgen sind empfundener Zeitmangel und daraus resultierender Stress, einhergehend mit schlechter Ernährung, Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit, dem Gefühl der Überforderung und im schlimmsten Fall sogar Burn-Out und depressiven Tendenzen.
Welcher Konstitutionstyp bin ich?
Meistens finden sich Mischtypen aus zwei Doshas, seltener ist der Tridosha-Typ, bei dem alle drei Doshas gleichermaßen ausgeprägt sind.
Zur ersten Orientierung gibt es einige Online-Tests, die eine eingehende Untersuchung bei einem ausgebildeten Ayurveda-Arzt jedoch nicht ersetzen können. Insbesondere die Zungen- und Pulsdiagnose spielen eine ausschlaggebende Rolle.
Panchakarma – die Reinigungskur im Ayurveda
Die meisten Menschen suchen einen Arzt erst dann auf, wenn sie bereits krank sind. Die ayurvedische Reinigungskur – mehr dazu in meinem Artikel über Panchakarma – nutzt Ölmassagen, Einläufe, Spülungen, Bewegung wie Yoga, Meditation und vor allem die richtige Ernährung, um das Gleichgewicht wieder herzustellen und Krankheiten zu heilen und vorzubeugen. Je nach Störung werden die Anwendungen individuell angepasst.
Wenn schon Pillen, dann wenigstens natürlich. Kräuterschrank im Surya Lanka auf Sri Lanka
Eigenverantwortung statt Pillen schlucken
Ayurveda pocht von jeher auf die Verantwortung für das eigene Leben: Jeder ist seiner eigenen Gesundheit Schmied und hat die Aufgabe, pfleglich umzugehen mit diesem Körper, den wir für die Zeit auf dieser Erde geschenkt bekommen haben.
Ayurveda ist keine Pille, die man mal eben einwirft sondern Prävention, für die es Eigeninitiative braucht. Klingt schwierig? Ist es nicht.
Verbote? Nicht im Ayurveda!
Ein Glas Wein im Kreis von Freunden? Appetit auf Fleisch? Der Kuchen am Nachmittag? Alles gut, so lange das, was für die eigene Konstitution empfohlen wird, an allen anderen Tagen im Jahr mehr oder weniger eingehalten wird. Im Ayurveda gibt es keine Verbote und Hunger schon gar nicht.
Im Vordergrund steht – im Gegensatz zu einer Diät – immer die Lebensfreude und keine dogmatischen Regeln, die nach kurzer Zeit niemand mehr einhalten mag.
In der Küche im Ayurveda Parkschlösschen in Traben-Trarbach stand dieser Spruch von Hippokrates an der Wand:
Let good food be your medicine.
Ist Ayurveda nun eine Diät?
Ayurveda ist aus meiner Sicht zwar eine Ernährungsform, jedoch ganz sicher keine mit Entbehrungen verbundene Diät. Im Gegenteil macht es Spaß zu spüren, was die individuell richtige Nahrung mit einem macht. Das Tolle: Ayurveda kommt ganz ohne dogmatische Regeln aus und keiner muss Hungern. Wir sind, was wir essen.
Wer eine Ayurveda Kur machen möchte, hinterlässt mir einfach unten seine Fragen. Gerne erzähle ich Euch von meinen Erfahrungen aus Indien, Sri Lanka und Deutschland.
Iss, was Dir gut tut!
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