Laut Wanderführer trennen mich nicht mehr als 4,5 Kilometer vom Kloster Sant Salvador. Es thront auf stolzen 510 Metern Höhe über dem Ort Felanitx. Doch der Weg hinauf soll kein Zuckerschlecken sein. Mir egal, ich will den Sonnenuntergang von dort oben erleben. Der soll für jede Strapaze zuvor entschädigen.
Kloster Sant Salvador früher
Vielleicht erklärt sich die seltsame Anziehungskraft des Ortes zum einen durch seine exponierte Lage aber auch durch seine uralte Geschichte. Das Kloster liegt auf dem Berg Monte de San Salvador, der Teil des hügeligen Gebirges Sierra de Llevant ist. Die heutige Klosterkirche wird auf das beginnende XVIII. Jahrhundert datiert und soll auf den Überresten einer alten Kirche aus dem XIV. Jahrhundert erbaut sein. König Pedro IV. von Aragón hat sie in Auftrag gegeben. Das war nach der großen Pest von 1348, die die Hälfte der Bevölkerung von Felanitx dahin raffte.
Außer dem Kloster ragt auf dem Gipfel des San Salvador das Steinkreuz El Pico empor. Wegen seiner strategisch günstigen Lage wurde von hier oben früher nach Piratenschiffen auf dem Mittelmeer Ausschau gehalten. Ebenso diente es als Anlaufstelle während verschiedener Kriege und Eroberungszüge.
Über Ziegenpfade zum Creu del Picot
Ein Steinkreuz auf der rechten Seite an der Ausfahrtsstraße bei Kilometer 1,5, markiert den Ausgangspunkt für die Wanderung hinauf zum Monasterio. Rote Punkte an Steinen und Bäumen sollen den Weg kennzeichnen. Im Prinzip, so steht es im Wanderführer, sei der Weg gut ausgeschildert.
Zuerst windet sich der Pfad mit angenehm leichter Steigung gen Spitze, links und rechts wachsen Pinien, Büsche und Gräser. Zumindest hier ist von der Wasserknappheit auf der Insel nichts zu spüren.
Mein Wandertempo würde ich als zügig bezeichnen, doch jemand ist schneller. Ein Keuchen und emsige Schritte hinter mir kündigen einen weiteren Wandersmann an, der nun im Sportdress und mit Nordic Walking-Stöcken ausgestattet an mir vorbei eilt. “Hola!” stößt er hervor und rennt weiter. Das ist wohl sein Afterwork-Workout.
Der Weg schlängelt sich weiter aufwärts und ich sehe von unten das Creu del Picot, übersetzt Picot-Kreuz. Es liegt ein paar Meter unterhalb des Klosters. Zielsicher folge ich dem immer schmaler und steiler werdenden Weg in Richtung Kreuz. Die Mönche müssen recht fit gewesen, denke ich noch, bevor sich mein Weg in Luft auflöst.
Umkehren ausgeschlossen
Über eine Art Trampelpfad steige ich weiter hinauf und bald finde ich mich auf allen Vieren wieder. Mir schwant: dieser Weg ist nicht der, den ich hätte nehmen sollen, ich musste irgendwo einen Abzweig verpasst haben. Inzwischen sehe ich den nackten Fels vor mir und krabbele, während mir Büsche und Äste als Halt dienen, weiter aufwärts. Sicher fühle ich mich schon eine Weile nicht mehr.
Es gibt in meinem Leben ein paar Glaubenssätze, die sich leider immer zur Unzeit melden. “Umdrehen ist keine Option”, lautet zum Beispiel einer, das wäre ja wie aufgeben und außerdem, wer will schon wieder hinunter steigen, um anschließend wieder hoch zu steigen?
Das Gefühl von Freiheit
Endlich flacht der Fels nach dem letzten steilen Anstieg ab und verwandelt sich in eine mit Büschen und Blumen bewachsene Plattform. Ich habe es geschafft, ein paar Meter vor mir beginnt der ordentlich gepflasterte Weg zum Ceu del Picot.
Aus der Puste bin ich, und ziemlich voll mit Adrenalin. Doch der Blick von hier oben über die Ebene entschädigt tatsächlich für jegliche Anstrengung. In der Ferne gen Süden funkelt das blaue Meer in der Abendsonne und unter mir ziehen sich die länger werdenden Schatten der Berge und Hügel über die gründe Landschaft. Das Abendlicht taucht alles in seinen sanften Dunst und breitet seinen Zauber aus.
Zu Füßen des Cristo Rey
Über die Autostraße laufe ich das letzte Stück über einen Picknick-Platz bis zu einer Steintreppe, die hinauf zum Parkplatz vor dem Kloster Sant Salvador führt.
Im Kloster und der Schenke, die zum zugehörigen Hotel gehört, ist heute nicht mehr viel los. Ein paar wenige Touristen und Mallorquiner rasten bei einem Apéro und Blick über Mallorca in der Abendsonne.
Die Kirche im Inneren des Klosters ist heute verschlossen. Bei meinem letzten Besuch fand gerade eine Hochzeit darin statt, betreten konnte ich sie bisher noch nie.
Kein Besuch von Sant Salvador ohne bei Jesus vorbeigeschaut zu haben, der mit seinen 37 Metern Höhe ohnehin nicht zu übersehen ist. Das Denkmal “Cristo Rey” wurde im Jahr 1934 eingeweiht und zu Füßen des Jesus stehend bietet sich ein schier unerschöpflicher Ausblick über den Süden und Südwesten Mallorcas bis zu den Dünen vom Strand Es Trenc.
Bequem zurück über den Pilgerpfad
Im leuchtenden Abendrot steige ich ab und nutze diesmal ganz bequem den von Kreuzwegstationen begleiteten Pilgerpfad. Ein ums andere Mal kreuzt der Weg die Autostraße und dieses Mal sehe ich auch die roten Wanderzeichen und finde die Stelle, an der ich falsch gelaufen bin. Für das nächste Mal weiß ich es. Denn zurück kommen werde ich. Und dann vielleicht in einer Vollmondnacht hinter Klostermauern schlafen.
Die Wanderung:
Wegstrecke: 9 km (hin und zurück)
Gehzeit: zwischen 2 und 3 Stunden hin und zurück je nach Geschwindigkeit
Höhenunterschied: 250 Meter
Anfahrt von Palma: Auf der Ma-19 nach Campos, dort auf der Ma-5120 nach Felanitx. Dort auf der Ma-4010 Richtung Portocolom. Bei dem Schild „Sant Salvador“ auf der Ma-4011 bis zu einer Parkbucht unterhalb des Klosters fahren.
Einkehr: Bar und Restaurant in der Ermita.
Übernachten: Im “Petit Hotel Hostatgeria Sant Salvador” ab ca. 60 Euro. Es gibt sogar Veranstalter, die das Hotel in ihrem Program haben, Jahn Reisen zum Beispiel und auch bei HRS ist es gelistet oder direkt buchbar.