Zwei Jungs im Grundschulalter kommen mir im Kurpark von Bad Lauterberg auf ihren Rollern entgegengesaust. Sie schauen suchend in der Landschaft herum und als sie mich sehen, halten sie abrupt an. „Spielen Sie auch gerade Pokémon?“ fragt mich der eine von ihnen erwartungsvoll. „Nein“, sage ich und frage mich kurz, was er eigentlich meint. „Ah, ich dachte, weil Sie auch ihr Handy in der Hand haben.“ Und weg sind sie. Ich nehme mir verschämt vor, mich später auf Google genauer über das Spiel, von dem ich bisher nur den Namen kannte, zu informieren.
Bad Lauterberg – vom Bergbaudorf zum ältesten Wasserheilbad Deutschlands
Um nach Bad Lauterberg zu kommen, muss man durch den Harz, anders geht es nicht, denn das älteste Wasserheilbad der Bundesrepublik Deutschland liegt mitten drin.
Schroffe Granitklippen, knorrige Bergfichten, neblige Moore und murmelnde Bachtäler, so wird der Nationalpark Harz, der sich über etwa 10 Prozent der Gesamtfläche des Harzes erstreckt, gern beschrieben. Ich denke an Hexen und die Walpurgisnacht und kann mir lebhaft vorstellen, was hier vor Jahrhunderten geschah – und vielleicht auch noch heute geschieht.
In Bad Lauterberg mischen sich klassisch gebaute Fachwerkhäuser mit moderneren Bauten. Heute ist das ehemalige Bergbaudorf staatlich anerkannt als Schroth-Kurstadt und Kneipp-Heilbad. Es gibt eine Fußgängerzone, zahleiche Cafés und Restaurants, eine Eisdiele, den Bismarckturm und ihm gegenüber den Hausberg, der zu Fuß oder in der Gondel einer nostalgischen Seilbahn erklommen werden kann. Rund herum erstreckt sich der Harz, der jetzt im deutschen Sommer in ganzer Pracht in verschiedensten Grüntönen schimmert. Unten im Tal liegt der weitläufige Kurpark, an dessen Rand die Oder plätschert. Sie dient dem Bad auch als Kneipp-Tretbecken. An verschiedenen Stellen können Kurgäste ihre Füsse und Waden in das kühle, fließende Wasser tauchen.
Alt wollen sie werden, gesund wollen sie bleiben, aber etwas tun dafür wollen sie nicht. (Sebastian Kneipp)
Vom Balkon meines Zimmers im Parkhotel Weber-Müller schaue ich direkt in den Kurpark hinein, rings herum zwitschern Vögel und ein zartes Lüftchen weht. In der Ferne tuckert ein Auto. Idylle pur, denke ich. Ganz im Sinne von Sebastian Kneipp will ich jetzt etwas für meine Gesundheit tun.
“Wo ist denn das nächste Kneipp-Becken?” frage ich unten in der Halle die freundliche Rezeptzionistin. „Da laufen sie einfach direkt in den Kurpark, hier entlang“, sie zeigt mir den Weg auf der vor uns ausgebreiteten Karte. „Schauen Sie, hier befindet sich schon das Becken für ein kühles Armbad und hier haben Sie schon die erste Wassertretstelle.”
Im Wasser liegt Heil; es ist das einfachste, wohlfeilste und – recht angewandt – das sicherste Heilmittel. (Sebastian Kneipp)
Nur wenige Kurgäste schlendern wie ich um diese frühe Nachmittagsstunde durch den schattigen Park. Vielleicht ruhen sie nach ihren Anwendungen, denn ebenso wichtig wie diese an sich ist das Ruhen danach. Das habe ich bereits in Bad Wörishofen gelernt, dem Ort, in dem Sebastian Kneipp persönlich gewirkt hat.
Bad Lauterberg im Harz im südlichen Niedersachsen ist mit seinen 11.800 Einwohnern wohl eher als Dorf zu bezeichnen. Vergessen darf man dabei jedoch nicht die zahlreichen Kur- und Feriengäste, die das ganze Jahr über in den diversen Fachkliniken, Kneipp- und Schrottkur-Sanatorien, Kurhotels und Pensionen, Ferienappartements und Vier- und Fünfsterne Hotels absteigen. Behandelt werden Herz- Kreislauf-, Lungen- und Stoffwechselerkrankungen, es gibt in den Kliniken Abteilungen für Psychosomatik und Psychotherapie, Sportmedizin, Physikalische Therapie, Prävention und Rehabilitation. Doch nicht jeder, der hierher kommt, ist bereits krank oder braucht eine Reha. Die Besucherzahlen zeigen erfreulicherweise, dass auch immer mehr “Gesunde” das heilende Klima schätzen.
Bitte mal frei machen: Freiluft-Armbad á la Kneipp
„Bitte beide Arme tief eintauchen, bis nach höchstens 30 Sekunden ein starker Kältereiz (Kribbeln oder Ziehen im Arm) eintritt“, steht dort am Brunnen auf einem Messingschild geschrieben. Danach soll ich armkreisen, bis die Arme wieder trocken sind. Ich versenke also zuerst meinen rechten und dann den linken Arm bis zum Ellenbogen in dem kalten Brunnenwasser und warte wie empfohlen, bis es anfängt zu ziehen. Das tut es recht bald. Nach Armkreisen und Hin- und Herlaufen fühle ich mich tatsächlich erfrischt und klar. Hinter mir stellt ein Mann sein Fahrrad ab, er kommt auch zum Armbad. Das macht man hier wohl so in der Mittagspause.
Raus, wenn’s zieht
Ich will Wasser treten. Laut Sebastian Kneipp soll das Kreislauf und den Stoffwechsel anregen, die Durchblutung fördern, die Venen und das Immunsystem kräftigen, gegen Krampfadern und heiße Beine helfen, den Schlaf fördern und sogar Migräne lindern. Ein Aluminiumgeländer umgibt das natürliche Tretareal in der Oder, in der Mitte kann man sich an einer Stange festhalten, um das Gleichgewicht zu halten. Kalt sieht das Oderwasser aus, und das ist es auch.
Wie ein Storch wate ich durch den Fluss am Geländer entlang, eine Runde schaffe ich, dann fängt es an zu ziehen. Als ich wenig später durch das Gras tapse, fühlen sich nicht nur meine Füße und Waden sondern auch mein Geist wach und klar an. Für einen Moment schließe ich die Augen, höre nur den Wind in den Baumkronen und das Gurgeln der Oder. Dann gesellen sich Frauenstimmen dazu, zwei Fahrräder werden abgestellt. Die Frauen haben auf der Bank Platz genommen und entledigen sich ihrer Schuhe und Strümpfe. Routiniert krempeln sie ihre Hosen hoch und stapfen tapfer in das kühle Nass. Alltag in Bad Lauterberg.
Aufstieg zum Hausberg in Bad Lauterberg
Danach fühle ich mich fit für den Aufstieg zum 420 Meter hohen Hausberg, der über der Stadt thront. Ich nehme den Wanderweg nach oben. Es ist ein leichter Aufstieg von ca. 25 Minuten, der auch von Kindern und einigermaßen rüstigen Wanderern problemlos zu bewältigen ist. Oben liegt die Berggaststätte Hausberg mit schöner Panoramaterrasse und allerhand Leckereien von riesigen Kuchenstücken bis hin zu selbst gemachtem Sauerfleisch, Riesencurrywurst, Salaten und, klar, Harzer Roller Käse “mit Musik”, wie man in Hessen sagt. Gemeint sind damit die den Käse garnierenden Zwiebeln. Die Musik kommt später.
Herunter nehme ich die Seilbahn, die Fahrt kostet zwei Euro für Erwachsene, dauert etwa 10 Minuten und bietet einen schönen Ausblick auf Bad Lauterberg und die Umgebung.
Um 16:00 Uhr bin ich verabredet mit einer echten Harzer Kräuterhexe. Sie heißt Elke Schnibbe, geht täglich zum Wassertreten in die Oder und ich soll sie im Café Schnibbe finden. Wie das war? Liest Du hier.
Urlaub im Kurbad: ein neuer Trend?
Das Image des langweiligen, angestaubten Kurbads will sich einfach noch nicht in Luft auflösen. Klar geht es beschaulich zu, schließlich kommen die Menschen primär hierher, um Ruhe zu finden und ihre Kräfte aufzutanken. Ich frage mich jedoch, warum die deutschen Kurbäder von dauergestressten Großstädtern nicht sehr viel mehr in Anspruch genommen werden.
Wer keine Zeit für seine Gesundheit hat, wird später viel Zeit für seine Krankheiten brauchen. (Sebastian Kneipp)
Einfacher geht es doch kaum: Wer zur Ruhe kommen und dabei noch umgeben sein will von den besten Ärzten und Therapeuten, sollte sich die Sache einmal überlegen. Es hat etwas, auch mal Leute ohne Handy oder Laptop einfach so auf Bänken herumsitzen zu sehen. Sie schauen in den Himmel oder in das Grün der Bäume und tun – nichts. Glaubt es mir, allein der Anblick beruhigt ungemein.
PS: Für alle, die bislang auch nicht wussten, was das Pokémon-Spiel ist…. hier gibt’s Aufschluss: www.pokemon.com 🙂
Nützliche LINKS:
Ausflugsziele in Bad Lauterberg
Nationalpark Harz – Torfhaus: Ein Abstecher in den Naturpark Harz und ein Blick auf den 1.141 Meter hohen Brocken gehört natürlich unbedingt zu einem Harzausflug. In Torfhaus mit Besucherzentrum kann man sowohl in schicken Ferienhäusern wohnen als auch zu ausgedehnten Wanderungen oder Moutainbiketouren aufbrechen und zünftig in der Bavaria Alm essen.
Allgemein:
Sebastian Kneipp – alles Wissenswerte
Warum Kneipp-Kuren alles andere als out sind
Brennnesselsud gehen flusiges Haar: zu Besuch bei einer echten Harzer Kräuterhexe
Danke schön an „Mein Niedersachsen“ und das Parkhotel Weber-Müller für die herzliche Unterstützung! <3
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- Hallo Bad Lauterberg!
- Parkhotel Weber-Müller
- Zimmer frei im Park Hotel Weber-Müller
- Kurpark-Yoga
- Einfach mal auf den Kopf stellen
- Die Oder in Bad Lauterberg: lauschiges Flüsschen und Kneipp-Tretbecken
- Wach mit Wasser!
- Kneipp-Tretbecken in der der Oder Bad Lauterberg
6 Comments
Ach ja, das Kneippbecken in der Oder. Jetzt will ich aber wirklich wieder hin. 🙂 (Einer der Gründe, warum ich in den letzten Jahren dem Harz ein bischen abtrünnig geworden war und mich mehr dem Hohen Meissner und Umgebung zugewandt habe, war eine dicke Umleitung auf dem Weg nach Bad Lauterberg, aber die Straße ist jetzt endlich fertig).
Ah, da hatte ich wirklich Glück, die Fahrt hat ganz problemlos geklappt. Wenn Du magst schreib mal, wenn Du dem Café Schnibbe und einem der Tretbecken wieder einen Besuch abstattest! 🙂
Lieblingsgrüße zum Sonntag sendet Dir, Katharina
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