Draussen fällt der Regen, gemischt mit weißen Hagelstippen. Meine Gedanken schweifen ab, zurück auf die Insel der Deutschen, zweieinhalb Flugstunden entfernt von Frankfurt. Den Regen sehe ich nicht mehr, ich sehe die orangeroten Bergspitzen des Tramuntanagebirges im Sonnenuntergang. “Im Sommer glühen sie tiefrot”, höre ich meine Freundin sagen. Sie wohnt in Port de Sóller, seit zwölf Jahren darf sie jeden Abend auf Berge schauen, während die Sonne irgendwo im Westen im Meer versinkt. Jeden Morgen, wenn die Sonne zaghaft in ihr Schlafzimmer blinzelt, steht sie auf und tritt als erstes hinaus auf den Balkon. Von dort schaut sie auf die Bucht von Port de Sóller, auf das blau schimmernde Meer und die gegenüberliegenden weissen Häuser, die sich dort brav aneinander reihen. So früh morgens fährt noch keine Bimmelbahn, nur ein paar Hundebesitzer führen unten auf der Promenade ihre Vierbeiner aus. Wenn das Meer wärmer wird, sieht sie die Schwimmer ihre Bahnen ziehen. Manchmal mischt sie sich selbst unter sie, wenn der Tag sehr heiß zu werden und die Abkühlung am Morgen das Schönste vom Tag zu werden verspricht.
Ein halber ganzer Tag in Port de Sóller
Ich bin zu Besuch hier, nur für einen Tag. Eigentlich wohne ich auf der anderen Seite, in Colonia de Sant Jordi. Ich bin die Strecke mit dem Auto gekommen, gute 50 Minuten Fahrt durch den am 24. Februar 2007 eröffneten Túnel de sa Mola. Er ist 1329 Meter lang und führt unter dem 156,83 Meter hohen Berg Puig de sa Mola hindurch bis zum Ortseingang von Port de Sóller. 21,5 Millionen Euro soll er gekostet haben. Vermutlich ist das Geld inzwischen wieder refinanziert: eine Fahrt kostet einen Autofahrer immerhin fünf Euro – die Rückfahrt noch einmal soviel.
Mir geht das Herz auf beim Anblick der Berge, drüben auf der anderen Seite ist es flach. Das hat auch seinen Reiz und doch spüre ich etwas anderes hier im Westen, vielleicht liegt es an den kantigen Felsen in Verbindung mit dem Meer. Vielleicht ist es noch einmal eine andere Energie, ich empfinde es so. Ich stelle mir vor, wie ich meine Wanderschuhe anziehe und hinauf laufe bis zu den Klippen und von oben hinunter auf das saftblaue Meer schaue. Meine Freundin erzählt mir, dass es einen Wanderweg gibt, der direkt hinter ihrem Haus startet und bis nach Deià führt. Viereinhalb Stunden ist man unterwegs, wenn man sich zwischendurch eine Rast gönnt in einer Finca auf dem Weg, sagt meine Freundin. Irgendwann, so plane ich, besuche ich sie wieder und dann machen wir das. Ich laufe und sie holt mich mit dem Wagen ab.
Theo treffen auf Ca’n Poma
Später am Nachmittag statten wir ihrem guten Freund Theo einen Besuch ab. Theo ist der Besitzer der Finca Ca’n Poma, einem kleinen Einod in den Bergen bei Port de Sóller, unterhalb der Strasse nach Deià. Sie liegt versteckt, plötzlich biegt ein holpriger Feldweg rechts ab und meine Freundin und ich verlieren kurz den Kontakt zu unseren Sitzen während das kleine Auto über den Schotter hüpft, gefolgt von einer weissen Staubwolke.
Ein paar Schritte und Stufen später erspähe ich die erste Hausecke von Ca’n Poma. Ein Natursteinhaus, wie es typischer nicht sein könnte auf Mallorca: gekachelter, grauer Stein, die Fenster verziert von dunklen Fensterläden, die im heißen Sommer die Hitze draussen lassen. Neben dem Haupthaus mit Zimmern, Rezeption, Frühstücksraum und Terrasse gibt es ein weiteres Nebengebäude, in dem ebenfalls Zimmer untergebracht sind. Alles liegt eingebettet in einem üppigen Garten, der vor Grün selbst jetzt schon nur so strotzt. Ich darf mir von einem der Zitronenbäumchen ein paar Naturzitronen abzupfen.
Theo hat die Finca selbst zu dem gemacht, was sie heute ist. Er ist Holländer und offensichtlich begabt was Bauen und Gärtnern angeht. Ein paar Stufen weiter hinunter befindet sich sogar ein “Sala de Yoga”, unter freiem Himmel und dem Dach der Bäume. Meine Freundin gibt hier bei Bedarf der Gäste Kurse. Es sei nicht vergleichbar mit Yogaunterricht in einem geschlossenen Raum, sagt sie. Ich glaube es ihr auf’s Wort.
Bergspitzen, die Herzen betören. Auf bald!
Wenig später nach der Haus- und Gartenführung finde ich mich auf der gemütlichen Terrasse bei einem Glas Cava wieder. Wir sind allein, die Gäste sind noch unterwegs, erkunden die Insel. Warum eigentlich, frage ich mich. Hier ist es so wunderschön, dass ich mich vermutlich überhaupt nicht weg bewegen würde. Das Meer liegt nur 5 Minuten mit dem Auto oder 40 Minuten zu Fuß entfernt, es ist der Strand von Port de Sóller, auf den ich Morgen früh hinunter schauen werde, wenn ich aufstehe. Theo und ich beschliessen ein baldiges Wiedersehen, um ein Lieblingsflecken Yoga & Genuss Wochenende hier in Ca’n Poma zu planen. Vielleicht noch in diesem Jahr, sinnieren wir. Ich will wiederkommen.
Meine Freundin und ich fahren zurück und machen es uns auf ihrer Terrasse gemütlich. Wehmütig schaue ich auf die Bergspitzen, die ihre Farbe sekündlich in ein noch tieferes orangerot verwandeln. Als ich mich verabschiede, umarmen wir uns und ich weiß: ich komme wieder. Spätestens im Oktober, für die nächsten Yoga-Ausbilungswochen auf Mallorca. Ganz tief innen drin bin ich sicher: es wird früher sein.
Links:
Finca Ca’n Poma => Aus Ca’n Poma wurde https://www.can-bando.de/erholt/
Zimmer ab 140,- Euro pro Nacht inklusive Frühstück.
Was sind Deine Lieblingsflecken auf Mallorca? Ich freue mich über Deinen Kommentar!
Bildergalerie:
7 Comments
So ein schöner Bericht. Ich liebe Porto Colom, da scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Zumindest im Frühling, wie es im Sommer ist, weiss ich nicht.
Liebe Susann, ja, Porto Colom ist auch superschön. Kennst Du die Fischbude S’Arenal de Porto Colom? Auch superschön. Fisch essen mit den Füssen im Sand. 🙂 LG! Katharina
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