Die Finnen seien ein so nettes Volk, bekundet strahlend meine leidenschaftlich für Finnland schwärmende Freundin vor meiner Abreise. Entspannt seien sie, auf Design und Mode bedacht und dabei gänzlich bodenständig.
Ich denke an ihre Worte, als ich zuerst auf Paula und wenig später auf Ville Iho treffe, der COO bei Finnair ist. Paula Helle ist Communications Manager bei dem finnischen National Carrier und wird uns durch den Tag begleiten. Sie stellt sich uns schlicht als Paula vor, so, als sei das das Normalste von der Welt. Ist es in Finnland auch, wie ich erfreut feststelle.
Ville ist ebenfalls einfach Ville. Die Finnen sind da ganz entspannt und als wir seine Bekanntschaft im siebten Stockwerk in den stylischen Büroräumen von Finnair machen, treffen wir auf einen durch und durch sympathischen Mann, der sich wenig aus seinem Titel zu machen scheint. Er hat maßgeblich zum erfolgreichen Launch des neuen A350 beigetragen, immerhin läuft das Projekt seit 2005.
Mir gefällt der hiesige Dresscode auf Anhieb: Ville und seine Mitarbeiter tragen keine Anzüge oder gar Krawatten, die Damen tragen keine Kostüme oder Hosenanzüge sondern den typisch nordischen Casual- Chic. Ich mag die Finnair, stelle ich fest, die Marke hat, bedingt durch die Menschen, die für sie arbeiten, etwas sehr Sympathisches. Vor der Reise hatte ich mir den „Making-of-Film” des neuen A350 angeschaut und mich gefragt, ob die Mitarbeiter wohl wirklich so stolz und begeistert wären von ihrer Firma und dem neuen Flugzeug. Jetzt, da ich ihnen persönlich gegenüber sitze stelle ich fest, dass es kein cleverer Marketing-Schachzug sondern die pure Wahrheit ist.

Stylish, clean-chic: Lounge im Headquarter von Finnair. Ein paar Türen weiter geht’s zur Sauna. Natürlich.
Finnland, Finnair und die Finnen an sich
Ich lerne viel in diesem Gespräch, über die Welt der Airlines und Finnair und den neuen A350 im Speziellen. Die Finnen haben hier die Nase vorn, sie führen ihn als allererste Fluglinie in Europa ein. Nicht immer leicht sei es gewesen, erzählt Ville. Finnland und auch Finnair ging es nicht immer gut in den letzten Jahren. Als er damals, vor 20 Jahren, bei Finnair startete, zählten zu der Belegschaft noch 12.000 Mitarbeiter. Heute sind davon nur noch etwas mehr als 4.300 übrig geblieben. Das spricht für sich. Die Finnen, so hatte ich zuvor gelesen, sind stolz auf ihr Land und ich spüre das in diesem Gespräch: Ville und Paula versprühen eine Leidenschaft für ihr Produkt, die mich überrascht. Ich kann nicht von mir behaupten, dass ich das so je über einen Zeitraum von zehn oder gar 20 Jahren für eine Firma empfunden hätte. Irgendwann verließ mich die anfängliche Euphorie, zu viel hatte sich geändert für mich. Bei Finnair ändern sich die Dinge auch, doch das bedeutet hier nicht, dass es die Crew in ihrer Loyalität zu Finnair einschränken würde. Ville und Paula erzählen uns, dass sie sich durch die Einführung des A350 einen langfristigen Um- und Aufschwung nicht nur für die Airline, sondern auch für ihr Land erhoffen. Es ist für sie auch ein Zeichen, dass es tatsächlich aufwärts geht.
Der A350 – für Finnland ein Symbol für den Neuanfang, den Aufbruch nach einer wirtschaftlichen Durststrecke. Ja, ich werde Finnair unterstützen, denke ich unwillkürlich während des Gesprächs. Und das, obwohl ich von dem kleinen Land, von dem meine Freundin ständig schwärmt, bisher bloß den Flughafen und Paula und Ville stellvertretend für die Finnen kennengelernt habe. Was soll ich machen? Es ist wie es ist.
Streifzug durch das abendliche Helsinki und Sauna im Airbus
Paula verbringt den verbleibenden Abend mit uns und begleitet uns später entlang der imposanten Bauten mit ihren eindrucksvollen Fassaden zum Wasser. Mich erinnert Helsinki an eine Mischung aus Lübeck, Salzburg und Russland mit seinem nordischen Charme, den Kopfsteinpflasterstraßen und Stadthäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, den orthodoxen Kirchen und über den Straßen schwebenden Straßenbahnleitungen. Kühl wird es und ich bin doch froh, wohlweislich meine warmen Sachen eingepackt zu haben. Obwohl es windstill ist, zieht die Kälte vom Meer herauf und direkt in die Knochen hinein. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es mir hier bei Minusgraden ergehen würde und verstehe plötzlich, warum die Finnen, und das ist offenbar tatsächlich kein Klischee, ständig saunieren. Selbst bei Finnair gibt es eine Sauna für die Mitarbeiter, wirklich wahr, die im Übrigen auch benutzt wird. Selbstverständlich habe man auch über die Möglichkeit diskutiert, eine Sauna in den A350 zu integrieren. Bedauerlicherweise sei es unmöglich.
Wir schlendern weiter, fest eingepackt in unsere Mäntel, über den Marktplatz, am Wasser entlang vorbei am Riesenrad und der größten russisch-orthodoxen Kirche außerhalb Russlands. Wir laufen weiter zum Pier, wo sich das urig-stylishe Restaurant „Nokka“ befindet. Aus den bodentiefen Fenstern des hanseatisch anmutenden Gebäude aus rotem Backstein fällt warmes Licht auf das Kopfsteinpflaster draußen. Drinnen empfängt uns eine warme Atmosphäre mit hohen Decken, Holztischen, gedämpftem Licht und dezenter Hintergrundmusik. Wenig später stellt sich einer der Köche mit grüner Schürze und Cappy vor und erklärt uns in locker-flockiger Manier das Konzept des Nokka. Seit mehr als 10 Jahren täten sie das, was damals noch keiner tat: sie kochen mit lokalen Produkten, und zwar ausschließlich. Alles, was hier zuerst auf dem Tisch und dann in unseren Mägen landen wird, hat weniger als 100 Kilometer Anreise hinter sich. Das Menü besteht aus Fisch und Fleisch und wird von verschiedenen Weinen begleitet. Der Weißwein stammt aus dem Rheingau, wir Frankfurter schmunzeln.
Vegetarier, Veganer? Kein Problem in Helsinki!
Finnland ist, als ob es nicht schon genug Pluspunkte gesammelt hätte, zudem ein extrem fortschrittliches Land, was vegetarische und vegane Küche angeht. Nichts ist hier ein Problem und wer fragt, ob er eine Alternative zum eigentlichen Menü bekommen könnte, wird freundlich angelächelt und sogleich mit Vorschlägen erfreut. Auch Allergien sind hier seit Jahren bekannt und führen nicht zu aus Deutschland bekannten Diskussionen und verdrehten Augen. Die Finnen, sie sammeln weitere Pluspunkte bei mir.
Finnischer Wein. Wie bitte?
Gut, die Finnen haben eine Luftgitarren-Weltmeisterschaft und tanzen wie wild Tango, soviel hatte ich aus verlässlicher Quelle bereits gehört. Doch dass sie auch Wein herstellen, das war mir neu. Zugegeben, der finnische Wein ist etwas anderes als das, was wir gemeinhin unter Wein verstehen. Es handelt sich dabei nämlich um ein Gemisch aus Blaubeeren und schwarzen Johannisbeeren und erinnert mich vom Geruch und Geschmack stark an den selbstgebrannten Johannisbeerlikör meiner Großmutter. An dem durfte ich als Kind schnuppern, während die Beeren ab Oktober in Flaschen in einem Bad aus Schnapps und Zucker zu Likör vor sich hin zogen. Das Ergebnis kommt dem finnischen Wein sehr nahe und tatsächlich schmeckt er zum Käse-Zwischengang sogar ganz hervorragend.
Sechs köstliche Gänge später begleitet uns Paula zu Fuß zurück zum Hotel. Wir sind glücklich und ziemlich satt, als sie sich von uns verabschiedet und in die Nacht verschwindet.
Die Entspanntheit der Finnen hat sich auf mich übertragen. Bevor ich in meinem großen, weichen Bett versinke und einschlafe, schiebt sich der Tag, an dem ich zum ersten Mal finnischen Boden betrat, noch einmal in meine Erinnerung. Die englische Textzeile „I got a crush on you“ kommt mir in den Sinn. Ich sehe wieder das Innere des in blaues Polarlicht getauchten A350, die lächelnden Stewardessen in ihren dunkelblauen Kostümen, höre die für mich lustige finnische Sprache in meinen Ohren nachklingen, blicke aus dem Flugzeug auf die sich unter mir ausdehnende finnische Weite mit ihren unzähligen Seen und herbstlich bunten Wäldern. Ich höre Paulas tiefe Stimme und ihr nordisch klingendes Englisch und fühle mich auf seltsame Weise verbunden mit dieser Nation und diesem Land. Die Finnen, sie haben mein Herz im Sturm erobert. Und dann taucht da wieder das wissend lächelnde Gesicht meiner Freundin vor mir auf. Sie hatte so was von Recht.
Links:
Hinkommen: Finnair
Wohnen: Hotel Indigo
Essen: Restaurant Nokka
Allgemeine Informationen: Visit Helsinki
Wie ich nach Helsinki kam
Die Reise wurde unterstützt von Finnair. Kiitos!
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