Weinheim, das klingt nach Wein und auch ein bisschen nach Heimat. Außerdem nach klein und überschaubar und schnuckelig und lebendig. Ich fahre nicht zum ersten Mal in das Städtchen an der Bergstraße, das nur etwa 20 Kilometer von Heidelberg entfernt liegt.
Meine Freundin stammt aus diesem kleinen Örtchen und schon vor Jahren haben wir dort einen weinseligen Abend in dem Lokal “Puppel” verbracht, das seinen Namen von seinem Inhaber Andreas Puppel geerbt hat. Damals lag die gemütliche Weinbar noch direkt am Marktplatz in der Altstadt und damals sagten wir: “Hierher kommen wir auf jeden Fall wieder!” Gedauert hat es fast ein Jahrzehnt und ich schäme mich ein bisschen, als ich das realisiere. Heute hat meine Freundin einen kleinen Sohn und ja, eine Menge ist passiert, seit wir damals vermutlich ihren 30. Geburtstag hier gefeiert haben.
Heute, an einem Samstag, kehre ich also zurück nach Weinheim und streife mit meiner Freundin durch die Gassen der Altstadt und entdecke dabei neben den üblichen Kettengeschäften, wie sie in jeder Kleinstadtfußgängerzone zu finden sind, auch einige ansprechende und kreative kleine Boutiquen und Delikatessen- und Dekorationsgeschäftchen. Die Sonne scheint, Menschen sitzen draußen in Cafés und Weinbars und begrüßen den Frühling an diesem Samstag im März mit Kaffee und Limonade, Apéroö Spritz oder einem in der Sonne funkelnden Rosé im Glas. Lebensqualität haben die hier, denke ich, und bin versucht, es ihnen gleich zu tun. Später, sagt meine Freundin, zuerst erkunden wir noch ein bisschen das Städtchen und seine Umgebung.
Meine Freundin hat eine ausgesprochene Vorliebe für Schokolade – und kann ihr Glück kaum fassen, als sie den kleinen Laden “Cacao” mit dem verführerischen Untertitel “Finest Chocolates” erspäht. Von drinnen strahlt uns ein etwa vierjähriges Mädchen entgegen, die ihren Schokoladenschatz behutsam in ihren beiden Händen hält, damit ja nichts davon herunterfallen könnte. “Da muss ich rein!” ist das letzte, was ich von meiner Freundin höre, sogleich verschwindet sie in ihrem persönlichen Scholoadenparadies während ich mich draußen von den ersten zaghaften Strahlen der Frühlingssonne bescheinen ließ und genüsslich den Duft von heißer Schokolade und Trüffeln einatme. Wenig später kommt sie mit einem weißen Tütchen und einem wohligen Lächeln auf den Lippen wieder heraus.
Wir wandern die wenigen Schritte durch schattige Gässchen hinauf zum Schlosspark. Ich bin einigermaßen überrascht, ausgerechnet im beschaulichen Weinheim eine solch üppige und weitläufig angelegten Parkanlage im Stil englischer Gärten vorzufinden. Wir schlendern auf den pittoresken Wegen durch die Sonne und meine Freundin klärt mich auf, dass im Schlosspark von Weinheim allerlei Pflanzen gedeihen, die ursprünglich am Mittelmeer zu finden seien. Das läge an dem mildem Klima, mit dem die Bergstrasse gesegnet ist. Beachtlich seien außerdem die prächtigen Rhododendron– und Eibenbüsche und, noch eine Überraschung, die größte Libanonzeder Deutschlands.
Direkt angrenzend an den Schlosspark beginnt der sogenannte Exotenwald, der seinen Namen von den exotischen und zum Teil gigantisch großen Baumarten wie Riesenmammutbäume, chilenische Andentannen, japanische und nordamerikanische Magnolienbäume oder Kalifornische Flusszedern bekommen hat. Etwa 60 Hektar ist er groß und wir wandern nur einen kleinen Teil entlang der diversen, übrigens gut ausgeschilderten Wanderwege, während wir schauen und plaudern und Ausblicke genießen und die ungewohnten Baumarten bestaunen.
Die letzte Station vor dem Cafébesuch führt uns in den Hermannshof, eine über 200 Jahre alte Anlage mit etwa 2.000 Staudenarten, die hier wissenschaftlich betreut und studiert werden. Der Hermannshof, ein 2,2 ha großes Anwesen mit klassizistischem Herrenhaus, befindet sich seit 1888 im Besitz der Industriellenfamilie Freudenberg. In den Jahren 1981 bis 1983 wurde der Park zu einem öffentlichen Schau- und Sichtungsgarten für Stauden umgestaltet und zählt heute zu den lehrreichsten Gärten in Deutschland. Die Firma Freudenberg und die Stadt Weinheim unterhalten die private Anlage, die für jeden zugänglich ist und in der außerdem Führungen für interessierte Botaniker angeboten werden.
Wir nehmen es gelassen und erfreuen uns an den ersten Krokussen, die zaghaft ihre Blüten der Sonne entgegenstrecken und an der hübschen Anlage, die mich an Meran zu Ostern und die Blütenpracht entlang der Passer erinnern.
Schließlich lassen wir uns zuerst im Bellini am Marktplatz nieder, einer Mischung aus Café und Restaurant und Weinbar, das am frühen Samstagnachmittag proppenvoll ist und einen guten Eindruck des Weinheimers an sich vermittelt. Für mich erwecken sie den Anschein, fröhliche Zeitgenossen zu sein, die Lebensart und Geselligkeit schätzen. Mir gefällt es hier inmitten des Tohuwabohu und dem Stimmengewirr und den flinken Kellnern, die sich durch die Menge wühlen. Wir sitzen und gucken und reden und die Zeit vergeht.
Als ich wieder im Auto size und zurück nach Frankfurt fahre, fühle ich mich wie nach einem Kurzurlaub. Wenige Stunden in Weinheim haben mir ein Gefühl von Süden und Sonne und Lebensart beschert. Und ich schwöre: nicht noch einmal warte ein Jahrzehnt mit dem nächsten Besuch!
Weinheim liegt etwa 80 Kilometer südlich von Frankfurt am Main und ist mit dem Auto über die A5 in circa 50 bis 60 Minuten zu erreichen.
Weitere Informationen zu Weinheim gibt es zum Beispiel auf der Seite von Weinheim Marketing.
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